Mit dem Wald – für ein klimaneutrales Berlin bis 2030

Mit dem Wald – für ein klimaneutrales Berlin bis 2030

Vielleicht ist es euch auch schon aufgefallen – dem Berliner Wald geht es zunehmend schlechter! Wir Waldpädagoginnen und Waldpädagogen sehen es jeden Tag, denn wir sind ständig mit unseren Gruppen in den Stadtwäldern unterwegs.

Stürme, Sommerhitze und fehlende Niederschläge haben in den letzten Jahren zugenommen, mit gravierenden Auswirkungen auf das Ökosystem Wald. Die Bäume leiden unter Trockenstress. Als Folge verlieren sie u.a. vorzeitig ihre Blätter und werfen mitunter ganze Äste ab. Darüber hinaus zeigen viele Bäume unterschiedliche komplexe Krankheiten wie z.B. den Buchenschleimfluss oder die Rußrindenkrankheit.

Natürlich gehört es zum natürlichen Zyklus im Wald, das alte Bäume umstürzen und so Platz für den Jungwuchs machen. Doch es sterben aktuell so viele ältere Bäume ab, dass viele Lebewesen ihr Zuhause verlieren und der Jungwuchs nicht mehr hinterherkommt.

Ökosystem Wald – ein komplexes Beziehungsmuster

Während die Auswirkungen von Dürre und Trockenheit für uns primär an den Bäumen deutlich sichtbar sind, leiden aber auch die Bewohner des Waldes unter dem Wassermangel. Besonders die verborgenen Lebewesen wie Insekten, kleine Bodentiere und Pilznetzwerke, welche auf den ersten Blick unsichtbar scheinen, sind betroffen.

Je kleiner und versteckter die Organismen, desto schwieriger und komplexer wird es für uns die Auswirkungen des Klimawandels und deren Wirkungskette im Ökosystem abzuschätzen. Geht es den Pilzpartnern der Bäume schlecht, so werden die Bäume nicht mehr richtig mit Wasser und Nährstoffen versorgt, was sie wiederum schwächt. In der Folge treten immer öfter sogenannte „Schadorganismen“ in Massen auf und schädigen unsere Wälder zunehmend.

Ohne Wald keine Lebensqualität

Unser Wald versorgt uns täglich mit frischer Luft, da er  Fein-, und Schadstoffpartikel filtert. Lebenswichtig, genau wie das saubere Trinkwasser, welches zum Großteil aus unseren umliegenden Wäldern kommt. In heißen Sommern werden extreme Temperaturschwankungen von ihnen ausgeglichen und unsere Stadt gekühlt.

In einer grünen Großstadt wie Berlin spielt die Stadtnatur auch für unsere Erholung eine bedeutende Rolle.

Wir Umweltbildner*innen wollen die Menschen auch in Zukunft sicher in die Wälder begleiten und mit ihnen gemeinsam die Natur entdecken.

Klimaneutrales Berlin erst 2045?

Warum das denn? Es ist genug Zeit verstrichen! Wir müssen jetzt handeln und alles Mögliche in Bewegung setzen!

Beteilige und engagiere dich für unsere Stadtwälder.

Ein erstes politisches Zeichen kannst du am 26 März beim Volksentscheid für ein „klimaneutrales Berlin bis 2030“ mit deiner Stimme setzen.

Alle Infos zum Volksentscheid findest du hier!

Überschriftsfoto: Ponte1112, CC BY-SA 4.0

Studentische Praktika an Berliner Waldschulen

Studentische Praktika an Berliner Waldschulen

Das Waldpädagogikzertifikat – Wie wird man eigentlich Waldpädagog:in?

Ich wusste schon seit meinem Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ), dass ich Waldpädagogin werden möchte, so wie die Mitarbeiter:innen der Berliner Waldschulen. Für mich ist es der schönste Job der Welt. Man darf mit Menschen in den Wald gehen, gemeinsam lernen, Spaß haben und wird auch noch dafür bezahlt. Was gibt es Schöneres? Aber wie wird man eigentlich Waldpädagoge bzw. Waldpädagogin?

Für den Beruf muss eine Art Weiterbildung, namentlich das staatlich anerkannte “Waldpädagogikzertifikat“, abgeschlossen werden. Das baut auf einer vorangegangenen Ausbildung auf, wie z.B. als Erzieher:in, Lehrer:in oder Förster:in.

ACHTUNG: Deutschlandweit unterscheiden sich die Zugangsvorrausetzungen für die Weiterbildung. In Berlin wird zurzeit keine Zertifikatsausbildung angeboten. In Brandenburg dürfen nur Personen mit einem forstlichen Hintergrund das Zertifikat machen. In Hessen dürfen sowohl Förster:innen als auch Pädagog:innen daran teilnehmen.

Unter anderem deshalb habe ich an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) das Studium der internationalen Forstwirtschaft (IFEM) angefangen. Hier ist das Besondere, dass die Landesforstverwaltung ihre Pflicht der Zertifikatsumsetzung an die HNEE abgegeben hat. Somit können sich in Brandenburg Personen der Forstverwaltung, Studierende der forstlichen Studiengänge und Externe seit 2011 als Waldpädagogin und Waldpädagoge weiterbilden lassen.

Das Zertifikat besteht aus mehreren Modulen, einem Pflichtpraktikum und einer Abschlussprüfung. Die Module (an der HNEE) sind Bestandteile der forstlichen Studiengänge und kosten den Studierenden nichts! Nur für die Abschlussprüfung muss eine einmalige Gebühr von 200€ gezahlt werden. Das ist ein Riesenvorteil für die Studierenden, den man wissen sollte, denn eine externe Person bezahlt für den gleichen Lehrgang 1600€!


Wo soll das Praktikum gemacht werden und wie kommt man dort ran? 

Das Praktikum muss an einer anerkannten Praktikumsstelle durchgeführt werden. In Berlin gehören alle Waldschulen dazu: die 7 Waldschulen mit einem festen Standort und die 2 mobilen Rucksackwaldschulen

Ich habe mir die nächst-gelegene Waldschule herausgesucht, angerufen und nach einem kurzen Gespräch eine Bewerbung mit Motivationsschreiben und den Lebenslauf geschickt. Dann ging alles ganz einfach und Schwupp hat es im März auch schon begonnen. 

Die Wahl des Praktikumsplatzes kann auch nach der Altersstufe erfolgen. So finden in der Waldschule Plänterwald und Bucher Forst v.a. Waldführungen mit der 1 bis 4 Klasse statt, andere Waldschulen empfangen auch Oberstufenschüler:innen. 


Und das Praktikum beginnt! 

Insgesamt habe ich zwei Wochen (80 Stunden) bei Katja und Harald in der Waldschule Bucher Forst verbracht. Für mich war es damals eine Herausforderung zwei Wochen am Stück frei zu bekommen. Hier konnte die Praktikumszeit ohne Probleme individuell abgesprochen werden.

In der Zeit kam jeden Tag eine neue Gruppe zwischen der ersten bis siebten Klasse zu uns, um einen klassischen Waldtag zu erleben. Am Anfang bin ich als stille Begleiterin mitgegangen und konnte in die Rolle der Besucher:innen schlüpfen. Dabei habe ich alle tollen Waldaktionen mitgemacht und bin z.B. mit auf Baumstämmen balanciert, geklettert, habe Hütten gebaut, mit Standlupen gearbeitet oder Waldspiele erlebt. 


Was „muss“ man alles im Praktikum machen? 

Man muss für ein erfolgreiches Praktikum eigene waldpädagogische Aktionen (Führungen, Projekte) planen und umsetzen.

Wenn man noch nie mit Kindern gearbeitet hat, kann ein mehrstündiger Waldtag eine große Herausforderung sein. Damit der eigene Anteil angerechnet wird, reicht es meistens auch aus, einen Teil des Waldtages oder einzelne Spiele umzusetzen. 

Bei mir wuchs schon nach ein paar Tagen das Selbstvertrauen und ich wollte selber aktiv werden. Das Praktikum ist eine super Gelegenheit, um eigene Ideen und Theoretisches auszuprobieren. Es ist immer ein:e kompetente:r Waldpädagog:in als Unterstützung dabei, falls es brenzlig wird. 

Traut euch also eigene Erfahrungen zu machen! Man muss nichts, darf aber ganz viel.  Die Zeit ist das was du daraus machst und die Pädagog:innen stehen dir mit Rat und Tat zur Seite.


Was kann man an einem Waldtag behandeln und wie kann eine Waldführung aussehen?

Als Thema bietet sich alles real Erlebbare/Jahreszeitliche an: Im wunderschönen Bucher Laubmischwald gibt es vieles zu erleben wie die Feuchtwiesen, den „Geheimpfad“ durch den Erlenbruch oder das Naturschutzgebiet. Im März hört man saisonal aber auch den Buntspecht seine Brutplätze bauen, die Amseln bei ihren Balzgesängen oder sieht den Kleiber kopfunter den Baum klettern. 

Nach einer Einarbeitungszeit habe ich einen eigenen Waldtag geplant. In dieser 3-4 stündigen Buntspecht-Führung mit einer 2. Klasse haben wir uns alles rund um die Lebensweise des Spechtes angeschaut und nachgespielt. Die 23 Kinder wurden mithilfe eines Fühlbeutels (angefressene Zapfen des Buntspechtes & Eichhörnchens) geteilt. Sie konnten dann wie Spechte klettern, durch Trommelklänge miteinander reden und im lustigen „Specht-Höhle-Spiel“ von Höhle zu Höhle fliegen. Im Naturschutzgebiet (ACHTUNG striktes Wegegebot) haben wir eine Schatzsuche mit umgebauten Eierbechern gemacht. Zum Schluss gab es ein Feuer und leckeres Stockbrot-Backen als Ausklang. 


Nach den zwei Wochen habe ich mich als echte Spechtexpertin gefühlt, weil nicht nur die Kinder, sondern auch ich viel dazu gelernt haben. Die Spiele habe ich durch die Hochschul-Module, die Waldpädagog:innen, die Bücher der Waldschul-Bibliothek oder aus dem Internet kennengelernt.


Ziel … Ziel … Zielgruppenorientierung

Pädagog:innen, auch die im Wald, arbeiten „zielgruppenorientiert (wie es in der Fachsprache heißt). Die Spiele und Erlebnisse werden an das Alter und die jeweilige Gruppe angepasst d.h. die Menschen werden dort mitgenommen, wo sie gerade sind. Das fordert Spontanität während der Waldführung und kann einem nicht „beigebracht“ werden. Spontanität muss geübt sein, auch dafür ist das Praktikum eine tolle Gelegenheit. Ich habe gelernt von meinen starren Konzepten abzuweichen und auf die momentanen Bedürfnisse der Gruppe einzugehen. Wenn die Kinder sich lieber mit einer Pfütze beschäftigen oder freispielen wollen, dann brauchen sie genau das gerade (und kein übergestülptes Waldspiel).  Wenn den Kindern kalt ist, dann muss auch mal im Zickzack gerannt werden.

Auf dem Foto (links) sieht man z.B. ein Baumteil, welches die Kinder entdeckt haben. Wir waren alle ganz fasziniert und haben den Ursprungsort gesucht. Wisst ihr um welchen Baum es sich handelt?

In den zwei Wochen hatte ich die Möglichkeit verschiedene Zielgruppen mit ihren spezifischen Anforderungen und Herausforderungen kennenzulernen. Ich bin nicht nur den Schülergruppen der ersten bis siebten Klasse begegnet, sondern habe auch bei einer Familienveranstaltung assistiert. Die Familienführungen waren besonders anspruchsvoll, da verschiedene Altersgruppen mit ihren jeweiligen Bedürfnissen aufeinandergetroffen sind. So musste der hohe Spiel- und Bewegungsdrang der Kinder mit dem Wissens- und Erzähldurst der Erwachsenen zusammengebracht werden. 


Das Ende der Waldführung

Nachdem jede Gruppe uns verlassen hatte, sind wir als Team zusammengekommen. Wir haben uns bei einer Tasse Tee ausgetauscht und reflektiert: Was ist gut gelaufen? Was hat nicht so gut funktioniert? Was hat uns Spaß gemacht? Was kann das nächste Mal besser gemacht werden?

Ich wurde von Anfang an als vollständiger Teil des Teams aufgenommen. Am Morgen vor der Führung haben wir gemeinsam den Tag geplant und ihn am Nachmittag gemeinsam beendet. Ich wurde als ganzer Mensch gesehen und durfte auch als Praktikantin mit Kopf, Herz und Hand lernen. Alles darf so sein, wie man sich selber wohlfühlt. Eigene Ideen und Vorschläge für die Waldtage sind immer willkommen und erwünscht gewesen. 


Für mich war eines der größten Geschenke des Praktikums die eigenen Erlebnisse, als angehende Waldpädagogin, gemeinsam mit den erfahrenen Waldpädagog:innen zu reflektieren. Ich konnte auf ihren reichen Wissensschatz zurückgreifen und meine eigene „innere Schatzkiste“ füllen.


Interessante Links

Waldspiele-Sammlung
(Link zu Waldmeister.hausdeswaldes.de)

Anpsrechpartnerin Fr. Dr. Astrid Schilling für das Waldpädagogikzertifikat an der HNEE 
(Link zu hnee.de)

Text:
Jasmin Snoussi – Studentin an der HNEE und frisch gebackene Waldpädagogin

Ein Foto vom Wegweiser des Waldlehrpfades Hermsdorf

Waldlehrpfad Hermsdorf

Waldlehrpfad Hermsdorf

Es ist Juli, die Sommerferien haben gerade begonnen und die meiste Zeit scheint die Sonne. Was passt da besser, als ein kleiner Ausflug in die Natur? Wenn du dich für den Wald interessierst und mehr über ihn lernen möchtest oder sogar Waldtiere von nahem sehen willst, dann ist der Waldlehrpfad im Hermsdorfer Forst genau das Richtige für dich!

Der Rundweg ist 2,5 km lang und hält sowohl für Kinder als auch für Erwachsene einiges bereit. So haben auch wir, drei Freiwillige der Berliner Waldschulen, uns aufgemacht, um den Pfad zu erkunden. Er führt durch einen schönen und dichten Mischwald und ist teilweise hügelig, aber trotzdem gut begehbar.

Foto: Beliner Forsten



Auf unserer Suche nach dem Anfang des Pfades sind wir auf einen schönen, großen Waldspielplatz gestoßen, wo Kinder sich vor oder nach der kleinen Wanderung einmal richtig austoben können.

Gleich hinter dem Spielplatz beginnt der Weg und wird durch regelmäßige Wegweiser gut gekennzeichnet.


Es geht los…

Hier wurde uns auch der Eichelhäher vorgestellt, der dich auf deinem Weg begleiten wird.

Habt ihr gewusst, dass Eichelhäher, wie Eichhörnchen, Nüsse für den Winter im Boden verstecken und durch ihre Vergesslichkeit so neue Bäume pflanzen?

Das war nur der erste spannende Fakt über die Tier- und Pflanzenwelt des dortigen Waldes, der auf den vielen Schautafeln zu finden waren.

Teste dein Waldwissen!


Auf dem weiteren Weg kann man immer wieder Schilder entdecken, die zum Beispiel viele verschiedene Baumarten vorstellen.

Außerdem gibt es auch interaktive Quizschilder, mit denen man neu erlernte oder vorher schon bekannte Pflanzen und Tiere spielerisch abfragen kann.


Aber nicht nur die Schilder sind interessant, wenn man mit offenen Augen durch den Wald geht, findet sich immer etwas, was sich zum näheren Betrachten, Rätseln und Staunen anbietet. Wir haben auf dem Weg zwei faszinierende Wespennester, wunderschöne Spinnennetze und Buchfinken gesehen. Ganz zu schweigen von den vielen Vögeln, die wir gehört haben. Was das wohl für welche waren? Und wer wohl die Ulme komplett kahlgefressen hat?

Abwechslung gab es außerdem durch einige liegende Baumstämme (perfekt zum Balancieren), aber auch extra gebaute Klettergeräte, auf denen wir viel Spaß hatten.


Gegen Ende des Pfades sind wir zu unserem persönlichen Highlight gekommen: den Wildtiergehegen.

Auf den ersten Blick schienen sie leer zu sein, aber bei genauerem Hinsehen haben wir Wildschweine und Frischlinge beobachten können. In den anderen Gehegen sind Rot- und Damwild zu Hause. Der kleine Pavillon neben den Gehegen ist ideal für eine kleine Essenspause.

Gut gelaunt von diesem Erlebnis und unserem Tag im Wald sind wir nach ca. zwei Stunden wieder am Ausgangspunkt angekommen.

Den Pfad können wir allen empfehlen, die sich für den Wald interessieren. Gut geeignet ist er vor allem für Familien mit Kindern, aber auch uns als junge Erwachsene hat er Spaß gemacht. Also Waldfreunde allen Alters, auf in den Hermsdorfer Forst!


Anfahrt

Der Waldlehrpfad ist gut mit Google Maps zu finden: Einfach Waldlehrpfad Hermsdorf eingeben, der Ort ist ziemlich präzise angegeben.

Wir sind mit den öffentlichen Verkehrsmitteln angereist. Der Startpunkt der Wanderung ist in Laufentfernung der Bushaltestellen Dohnensteig (125) und Forstamt Tegel (124). Die nächste Bahnstation ist U-Alt-Tegel (U6). Von da kann man gut den Bus nehmen.

Die Anfahrt ist alternativ auch mit Auto möglich, in der Nähe des Waldlehrpfades gibt es auch einen Waldparkplatz.

Text, Fotos und Zeichnung:
Teilnehmer:innen des Freiwilligen Ökologischen Jahres 2021/2022
Teresa Bruhn (Waldschule Zehlendorf), Luca Scanlan (Waldschule Plänterwald), Luna Voigt (Waldschule Bucher Forst)

Zum Glück ein Mistkäfer

Zum Glück ein Mistkäfer

Ein Mistkäfer

Im Wald wohnt ein Käfer, den viele Menschen kennen. Auch ich kann ihn sofort bestimmen.

Schwarz- blau ist seine Farbe. Wie ein typischer Käfer sieht er aus. Sein Körper ist rundlich und seine Oberfläche glatt. Mit etwa 16 bis 20 Millimeter Länge ist er nicht der Kleinste.

Große Beachtung habe ich ihm bisher aber nicht geschenkt.
Ich erinnere mich an Waldspaziergänge mit platt getretenen Mistkäfern auf den Wegen. Na und…

Seitdem ich selbst ein Mistkäfer bin, sehe ich die Sache anders.

Mein ökologisches Bundesfreiwilligen-Jahr absolviere ich bei der Rucksack-Waldschule Mistkäfer. Mit Schulklassen sind wir im Wald und entdecken diesen mit allen Sinnen. Oft erwarten die Kinder, dass wir die großen Tiere sehen. Doch nur selten lassen sich Wildschwein, Reh oder Fuchs blicken.

Wie schön ist es dann, einen Mistkäfer zu finden.
Auf dem Waldboden entdecke ich einen. Behutsam setze ich ihn auf meine Hand. Wenn er Lust hat, läuft er los.

Es ist ein herrliches Gefühl, wenn der Käfer gemächlich auf und ab läuft. Es prickelt und kitzelt auf der Haut. Wenn er stolpert und auf den Rücken gefallen ist, strampelt er mit seinen sechs dornigen Beinchen. Die Bauchseite ist noch schöner als der Rücken, metallisch glänzend in Schwarz und Blau oder Grün und Lila. Das erinnert mich an einen Edelstein.

Mistkäfer: schillernde Edelsteine
Seht ihr die Fühler und die feinen Härchen am Körper des Mistkäfers?
Foto: vobebis, CC0 1.0

Wenn der Waldmistkäfer wieder richtig steht, kann ich beobachten wie er seine Fühler-Enden auffächert. Das ist seine „Nase“, denn mit den Fühlern kann er Geruchs-Moleküle wahrnehmen.

Halte ich den Käfer an mein Ohr, so könnte es sein, dass ich Geräusche von ihm höre. Das ist mir bisher noch nicht gelungen.

Auch die Kinder sind entzückt. Sie lachen laut wenn der Käfer auf ihrer Hand kribbelt und nun sogar in den Jackenärmel rein marschiert.

Manche Kinder finden den Käfer eklig. Es ist ja ein Mistkäfer und sein Speiseplan ist für uns nicht appetitlich. Doch gerade deshalb ist der Käfer so nützlich, denn er arbeitet den Mist anderer Tiere in den Boden ein. So verschwinden die Häufchen und die Erde wird fruchtbar und locker.

Ein tolles Gefühl, wenn der Käfer langsam über die Hände krabbelt

Neugierig geworden möchte ich mehr über diesen Käfer wissen.

Erstaunt finde ich heraus, dass der Mistkäfer zu den stärksten Insekten der Welt zählt. Er kann mehr als das 1000fache seines Körpergewichtes stemmen. Ich stelle mir vor, wie ich mühelos einen 18 Meter langen Pottwal vor mir her rolle. Das ist wirklich eine Superkraft. Neben dem Waldmistkäfer, der im Wald zu Hause ist, gibt es den Gemeinen Mistkäfer und den Frühlingsmistkäfer.

Alle Mistkäfer sorgen gut für ihre Nachkommen. Dabei arbeiten Männchen und Weibchen toll zusammen. Während das Weibchen gräbt, transportiert das Männchen die anfallende Erde aus den Gängen.

Um sich fortzupflanzen graben die Käfer direkt an einem frischen Dunghaufen einen etwa 50 cm tiefen Gang. Von diesem Gang aus legen sie Brutstollen an, die mit Brutkammern enden. Die so entstandenen Stollen werden nun mit Mist-Klümpchen verfüllt und mit Eiern bestückt. Mit dem Dung werden die Stollen aufgefüllt und am Ende mit Erde versiegelt.

Nun können aus den Eiern die Larven schlüpfen. Der Dung dient ihnen als Nahrung und wärmt gleichzeitig. Noch in der Erde Verpuppen sich die Larven und als Käfer graben sich die Tiere an die Oberfläche.

Für einige Vögel, für Igel und Spitzmäuse sind Mistkäfer echte Leckerbissen. Auch deswegen sind sie so nützlich.

Mistkäfer auf Dung
Foto: toetoe, CC BY-NC-ND 2.0.

Ein heiliger Käfer. Aber warum eigentlich?
Foto: chrmoe, CC BY-NC-SA 2.0

Unsere Mistkäfer haben interessante Verwandte, die in Ägypten leben und Scarabaeus sacer heißen. Zur Zeit der Pharaonen hielt man diese Käfer für heilig. Sie waren  ein Symbol für den Wechsel vom Werden und Vergehen. Sogar ein ägyptisches Schriftzeichen in Form dieses Käfers existiert.

Die Käfer, die im Nilschlamm lebten, krabbelten bei drohendem Hochwasser an Land und warnten so die alten Ägypter vor den Fluten. Deshalb waren sie echte Glückskäfer.


Für aufmerksame Waldbesuchende, gibt es viel zu endecken.

Doch zurück in den grünen Wald. Die Kinder sind auf dem Weg zur Bushaltestelle und wandern fröhlich den Waldweg entlang.

“Da, noch ein Waldmistkäfer! Tritt nicht drauf“. Wie schön er ist und wie nützlich.


ÖBFD und FÖJ bei den Berliner Waldschulen


Willst du auch die Natur erleben und dich für den Wald engagieren? Du magst Kinder und jeden Tag ein neues Walderlebnis? Du willst dich in der Führung von Gruppen üben und deine fachlichen und sozialen Kompetenzen fördern?

Dann melde dich bei der Waldschule deiner Wahl oder bei einem unserer Träger für die Freiwilligendienste:

Stiftung Naturschutz ÖBFD

Stiftung Naturschutz FÖJ

Verein Junger Freiwilliger e.V. FÖJ

Die Wildvogel-station des NABU Berlin

Die Wildvogelstation des NABU Berlin

Marc Engler – Leiter der NABU Wildvogelstation Berlin
Foto: Alexandre Courtiol


Noch ist es ruhig in der Wildvogelstation des Naturschutzbundes Berlin, denn in den letzten Tagen wurde „nur“ ein Waldkauz gesund gepflegt und kann demnächst an seinem Fundort entlassen werden.

Trotzdem hat das Team unter der Leitung von Marc Engler viel zu tun, denn es nutzt die „Ruhe vor dem Sturm“ um die Gehege neu einzurichten, sie umzubauen oder instand zu setzen. Denn ihre wieder in großer Zahl zu erwartenden Pfleglinge sollen möglichst kurze Zeit in der Wildvogelstation verbleiben und deshalb müssen die „Krankenzimmer“ bedarfsgerecht gestaltet sein, damit die Genesung schnell erfolgen kann.

Spätestens mit Beginn der Brutzeit der Stockenten, die bereits Ende März anfängt, wird die Fachkompetenz der Mitarbeiter:innen mehr und mehr gefragt sein.

Vom Balkon ins Wasser

Denn die Berliner Stockenten haben immer mehr den urbanen Bereich für die Aufzucht ihrer Nachwuchses erobert. So kommt es häufig vor, dass die Stockenten Balkone (auch im 15. Stock) als Brutplatz auswählen. Hier sind sie vor natürlichen Feinden (z.B. Füchsen) geschützt und können die Fürsorge ihrer „Herbergseltern“ genießen.

Damit diese temporäre Verbindung zwischen Mensch & Tier eine für alle Beteiligten friedliche Zeit wird, hat die Wildvogelstation einen Ratgeber veröffentlicht: Stockentennest auf dem Balkon – was tun?

Doch spätestens mit dem Schlupf der Küken kommen dann die Expert:innen ins Spiel, denn nun heißt es, den Entennachwuchs inkl. Entenmama an einen nahe gelegenes Gewässer zu bringen, da die Kleinen sonst den Gefahren des städtischen Lebens oder des Verhungerns ausgeliefert wären.

Stockentenjunge mit Mutter
Foto: C. Fabian

Mit Beginn der Balz- und Brutzeit sowie der Wiederkehr der Zugvögel müssen die Mitarbeiter:innen um Herrn Engler im wahrsten Sinne des Wortes ein offenes Ohr haben. Sie werden wieder sehr oft zum Telefonhörer greifen, um die vielen Fragen bzw. Hilfeersuchen der Berliner Vogelfreund:innen entgegen zu nehmen. So registrierten sie im letzten Jahr ca. 4.350 Telefonate, welche hauptsächlich zwischen April und September geführt wurden. Das sind in der Saison grob geschätzt ca. 30 Anrufe/ Werktag!

Und genau in diesem Zeitraum füllen sich auch die Volieren mit verletzten oder hilflosen Vögeln, um die sich die Expert:innen auch kümmern müssen. 2021 wurden von ihnen 1.177 Wildvögel aus 37 Arten versorgt. Die häufigsten Ursachen für die Einlieferung in die Pflegestation sind Verletzungen, die durch Scheibenanflug, Kollision mit Fahrzeugen und Angriffe von freilaufenden Katzen verursacht werden.


Doch was passiert mit einem gefundenen, verletzten Wildvogel?

Pflegestation für Greifvögel
Volieren für Krähenvögel – gerade im Umbau
Fotos: C. Fabian


Es wird in der Tierklinik der FU Berlin tierärztlich versorgt und die Chancen auf erfolgreiche Wiederauswilderung eingeschätzt. Dann übernehmen die Tierpflegerinnen der Wildvogelstation alles Weitere.

Die Aufenthalte der Vögel sind dort sehr individuell organisiert, um die Heilungschancen optimal auszuschöpfen. Greifvögel werden zum Beispiel blickgeschützt untergebracht, um das Stresslevel so gering wie möglich zu halten. Eine Kameraüberwachung gewährleistet 24h Einblicke und somit ein bedarfsgerechtes Handeln bei den Pfleglingen.

Krähenvögel hingegen werden in offener gestalteten Volieren gehalten, damit sie mit der umliegenden Krähenpopulation kommunizieren können, um ihre Position in dieser Gemeinschaft schon vor dem Freiflug klären zu können.

Bei sensiblen Vogelarten, wie z.B. dem Mauersegler, ist eine Handaufzucht hilfsbedürftiger Jungtiere sehr kompliziert. Deshalb favorisiert das Team hier das sogenannte Adoptionsverfahren. Hierfür wurden spezielle Nisthilfen für Mauersegler entwickelt, die ein Zusetzen von Nestlingen ermöglicht. Eine Erfolgsgeschichte ist hier nachzulesen.

Doch egal um welche Vogelart es sich handelt, eines gilt für alle Pfleglinge: Erst wenn der Vogel selbständig fressen und fliegen kann, wird er wieder frei gelassen und das kann schon mal 3-4 Wochen dauern…


Einfache Maßnahmen, die helfen

Neben der Pflege der Vögel, ist vor allem die Beratung für ein gemeinsames Miteinander zwischen Mensch & Tier, Aufklärung von Irrtümern – Nein, Rabeneltern lassen ihre Kinder nicht im Stich! – und Vermittlung von Hilfsangeboten am wichtigsten. Denn darin sehen sie einen fundamentalen Beitrag für die Förderung von Naturverständnis und -verbindung bei der Berliner Bevölkerung.

So gibt es beispielsweise eine Handvoll an Vogelschutzmaßnahmen, die jede/r beachten und umsetzen kann:

  • verwilderte Ecken und/oder dornenbehaftete Sträucher im Garten belassen
  • Futter- und Wasserstellen für Vögel katzensicher aufstellen/-hängen
  • Hauskatzen im Frühjahr zumindest nicht in den Morgenstunden und auch nicht unbeaufsichtig rauslassen
  • bei großen Fenstern Vogelschutzfolien anbringen (die bekannten Vogelsilhouetten helfen nicht)
  • am besten im Frühjahr (während der Balzzeit) keine Fenster putzen
  • wenn ein scheinbar hilfloser Vogel gesichtet wird, dann erst beobachten, denn viele Vogeleltern kümmern sich auch außerhalb des Nestes liebevoll um den „Nestflüchter”

Gemäß dem Motto „Verletzte Wildtiere gehören in Expertenhand“ soll man auf gar keinen Fall unüberlegt das Fundtier in eigene Obhut nehmen, sondern die entsprechenden Stellen kontaktieren und die Beobachtungen über die Beeinträchtigungen des Tieres mitteilen:

Wildvogelstation: 030 54 71 28 92
Kleintierklinik Düppel:
Oertzenweg 19b
14163 Berlin Zehlendorf

Bitte beachten: Die Abgabe sollte nach Möglichkeit von Montag bis Freitag von 8:30 – 15:30 Uhr erfolgen, da in dieser Zeit spezialisiertes Personal anwesend ist. Alle anderen Zeiten sollten Ausnahmen sein. Bitte planen Sie Wartezeit ein, da die Klinik eine der wenigen Kliniken Berlins ist, in der entsprechend viele Notfälle behandelt werden, so dass es sein kann, dass eine unmittelbare Untersuchung Ihres Findlings ggf. nicht immer möglich ist.

Für Stadt-/Haustauben: Tierheim Berlin

Zur Einschätzung der Fundsituation und Einleitung entsprechender Maßnahmen ist das von der Wildvogelstation erarbeitete Schema hilfreich: Wildvogel gefunden – was tun?

Die Einhaltung der Vorschläge für den Vogelschutz sowie Tipps bei Fund eines Tieres helfen den Tierschützer:innen der Wildvogelstation ungemein. Aber auch eine finanzielle Unterstützung in Form von Spenden und der Übernahme einer symbolischen Patenschaft entlastet das Team sehr, denn dadurch können Futtermittelbesorgung, Um-/Ausbauten von Volieren, Gestaltung des Geländes und ähnliches viel entspannter geplant und realisiert werden.

Freilassung eines Sperbers aus der Wildvogelstation
Foto: Alexandra Delor

Marc Engler und seine Kolleginnen bedanken sich schon jetzt für jegliche Unterstützung und sehen der kommenden Saison sehr zuversichtlich entgegen!


Wildvogelstation
Zum Forsthaus 7
12 683 Berlin
Tel.: (030) 54 71 28 92 oder (030) 50 96 77 66

Die Wildvogelstation erreicht stündlich eine Vielzahl an Anrufen, die das Team nicht alle gleichzeitig beantworten kann. Bitte hinterlassen Sie daher eine Nachricht mit Ihrem Namen, Telefonnummer, Adresse und Ihrem Anliegen, die Mitarbeiter*innen melden sich schnellstmöglich zurück.

Bitte beachten Sie: Bringen Sie Wildvögel nicht ohne vorherigen telefonischen Kontakt in die Wildvogelstation! Eine vorherige Beratung ist dringend nötig um abzuklären, wie dem Tier auf dem schnellsten Weg geholfen werden kann. Eine tierärztliche Versorgung und Diagnose sind in der Wildvogelstation nicht möglich. Erreichbarkeit: Mo-Fr, 9-17 Uhr | Am Wochenende: eingeschränkte Erreichbarkeit für Notfälle

Der Wiedehopf – Vogel des Jahres 2022

Der Wiedehopf – Vogel des Jahres 2022

Darf ich mich vorstellen…?

Mein Name ist Hopf, Wiede Hopf.

Ich fühle mich sehr geschmeichelt, zum Vogel des Jahres 2022 gekürt worden zu sein. Aber ganz ehrlich, das wurde aber auch mal wieder Zeit. Gibt es doch keinen einheimischen Vogel, der mir das Wasser reichen kann. Das muss hier mal in aller Bescheidenheit dargelegt werden.

Wie es begann

Aber der Reihe nach…

Vor zwei Jahren bin ich aus einem eher unscheinbaren grau gesprenkelten Ei geschlüpft. Etwa 18 Tage hat es gedauert bis ich mit meinem zarten Schnabel die Schale durchstoßen konnte und mich in einer kuschligen Baumhöhle wiederfand.

Den Platz dort musste ich mit meinen vier Geschwistern teilen, genauso wie das Futter. Das schleppte mein Vater unermüdlich heran, denn meine Mutter sorgte mit ihrem warmen Federkleid dafür, dass wir noch ziemlich kahlen Vogelbabys nicht auskühlten.

Als uns dann nach ungefähr zehn Tagen ein weicher Federflaum umschloss, machte sich auch unsere Mutter daran unseren unbändigen Hunger zu stillen. Meist waren es Insekten, die uns in den Schlund gestopft wurden.


Ganz so harmonisch wie das klingt, war das allerdings nicht. Eines Tages bekamen wir äußerst unangenehmen Besuch. Ein Marder hatte wohl großen Appetit auf zartes Geflügel. Dem haben wir es aber gezeigt! Wir gaben zischende Geräusche von uns, wie Schlangen. Da hat der Kerl schon ganz schön verdutzt geschaut. Aber als wir dann auch noch ein stinkendes Sekret aus unseren Bürzeldrüsen spritzen ließen, suchte der Marder schnell das Weite. Übrigens verfügt unsere Mutter auch über so einen Stink-Abwehr-Mechanismus.

Die Redewendung der Menschen „Du stinkst wie ein Wiedehopf“ entstammt wohl dieser Tatsache.


Auf eigenen Beinen

Nach etwa 28 Tagen wurden aus uns Nestlingen, Ästlinge. Eigentlich erklären die Namen alles. Erst im Nest, dann raus ins Geäst. Dort wurden wir noch fünf Tage gefüttert. Dann war Schluss mit lustig und wir mussten selbst für uns sorgen.

Der Wald mit seinen hohen alten Bäumen bot Schutz und auf freien Flächen suchte ich mir meine Nahrung. Ihr glaubt nicht, was es dort Leckeres zu finden gibt.

Käfer, Grillen, Heuschrecken, Schmetterlingsraupen, Spinnen, Larven und sogar Eidechsen und Regenwürmer pickte ich mit meinem leicht gebogenen sechs Zentimeter langen Schnabel aus der Erde.

Mächtig prächtig

Aus mir wurde ein prächtiges Kerlchen. Mit achtundzwanzig Zentimetern Länge, bin ich etwa so groß wie eine Drossel. Wirke aber deutlich größer und bin weitaus schöner.

Meinen Kopf ziert eine Haube, orange-braun gefärbt mit schwarzen Spitzen. Auch mein Gesicht, Hals und Nacken strahlen in warmen Orangetönen. Mein Rücken, inklusive der Flügel leuchten vornehm in schwarz/weiß. Mein prächtiges Erscheinungsbild wird von glänzend schwarzen Schwanzfedern abgerundet.

Wenn Menschen mich sehen, klappt ihnen der Unterkiefer herunter und sie bekommen vor Staunen kein Wort heraus

In der freien Landschaft auf Nahrungssuche, birgt das natürlich auch so seine Gefahren. Für Greifvögel wäre ich ein gefundenes Fressen. Aber trotz meiner auffälligen Färbung gelingt mir ein Trick immer gut. Wenn ich mir der Gefahr bewusstwerde, drücke ich mich flach auf den Boden und breite dabei die Flügel aus, erhobenen Hauptes erstarre ich.

Und ob ihr´s glaubt oder nicht, dabei verschmelze ich so mit dem Untergrund, dass der Greif keine Chance hat mich zu finden.

Zeichnung: Helena Renker

Als die Tage wieder kürzer und die Nächte kälter wurden, packte mich die Reiselust. Es muss so im August gewesen sein, als ich meine prächtigen Flügel ausbreitete, mich in die Lüfte erhob und gen Afrika segelte. Hui, war das schön, aber sehr weit und mächtig anstrengend. Na ja, ich konnte mich ja etwa sieben Monate davon erholen. Im März machte ich mich wieder auf den Rückweg. Das fiel mir schon etwas leichter, habe nämlich an Muskelmasse und Erfahrung gewonnen.


Upu-pup!

Aber noch etwas war geschehen. Ich spürte ein unbändiges Verlangen in mir, einem Weibchen zu imponieren. Zurück in der Heimat, setzte ich alles daran dieses Verlangen zu stillen. Ich flog in einen Baum, richtete meine Federkrone auf, reckte den Hals und ließ meine wunderschöne Stimme erklingen.

„Upu-pup“ schallte es durch Wald und Flur. Wieder und wieder ließ ich den Balzruf ertönen. Es wurde von Mal zu Mal besser. So war es nicht verwunderlich, dass sich schon bald eine attraktive Artgenossin blicken ließ. (Die sehen übrigens fast genauso aus wie wir Männchen, nur nicht ganz so farbintensiv.)

Diese ließ sich nicht nur von meiner Stimme betören, sondern war auch begeistert von meinem schmetterlingsartig gaukelnden Flug. Außerdem köderte ich sie mit einigen Leckerbissen in Form von Engerlingen und Spinnen.

Und schwupp, schon verschwanden wir in der Höhle eines alten Baumes. Was darin passierte, bleibt unser Geheimnis. Bald darauf legte meine Partnerin jenes Sommers sieben grau gesprenkelte Eier.

Da saß sie nun und brütete und ich schaffte Futter heran.

Erst nur für sie allein, dann hatte ich noch sechs weitere Schnäbel zu stopfen. Ein Junges hatte es nicht geschafft, aus dem Ei zu schlüpfen. Der Sommer war wunderschön und Futter reichlich vorhanden. So konnten wir nachdem die erste Brut flügge geworden war, schnell noch eine zweite folgen lassen.

Sehr anstrengend, sag´ ich euch. Dann packte mich auch schon wieder das Reisefieber und ich rauschte ab nach Afrika ins Winterquartier.

Am Rande sei noch erwähnt, dass mein wissenschaftlicher Name Upupa epops ganz viel mit meinem Balzruf zu tun haben soll.

Fotos: Dirk Dreyer

Im Niedersorbischen werde ich Hubbatz genannt. Ich möchte nicht näher auf den Ausspruch „du stinkst wie hubbatz“ eingehen, wollte es nur für ganz Wissbegierige erwähnt haben. Obwohl ich so ein cooler Vogel bin, habe ich leider auch Feinde. Marder und Greifvögel erwähnte ich bereits. Hinzu kommen Raben, Katzen, Wiesel und Schlangen.

Und nicht zuletzt, sondern zu allererst der Mensch. Alte Bäume mit Nisthöhlen sind selten geworden. Unbebaute Freiflächen zur Futtersuche auch. Zunehmender Verkehr, Luftverschmutzung, immer mehr Häuser, Straßen, Pestizide, Mountainbiker, Reiter und Crosser, die außerhalb der Wege meinen Lebensraum gefährden, machen mir und meinesgleichen das Leben schwer. Kein Wunder, dass ich auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten stehe.


Zu guter Letzt

Klar gibt es auch Ausnahmen. Das sind Menschen, die uns mit kreativen Nisthilfen unter die Flügel greifen. Ich kenne Wiedehopfe, die diese Brutröhren und -kästen gerne annehmen. Ich finde Baumhöhlen viel besser und liebe es, ungestört auf Futtersuche zu gehen.

Nun aber genug geschwatzt. Die Balzsaison beginnt und ich da will ich wieder ganz vorne mitmischen.

Euer Wiede Hopf

P.S. Es steht geschrieben, dass Wiedehopfe so um die zehn Jahre alt werden kann. Aber verlasst euch drauf, ich werde alle eines Besseren belehren… upu-pup!

Text: Michaela Tiedt-Quandt