AMPHIBIENSCHUTZ AN DER HAVELCHAUSSEE
Was sind Amphibien?
Kröten, Frösche und Molche haben eine „amphibische“ Lebensweise: Sie verbringen einen Teil ihres Lebens an Land, brauchen aber ein Gewässer zur Fortpflanzung.
Die Eier werden unter Wasser abgelegt und auch dort befruchtet. Je nach Art werden die Eier als Laichballen (Frösche), Laichschnüre (z.B. Erdkröten) oder einzeln (z.B. Teichmolche) zwischen oder an den Wasserpflanzen abgelegt.
Aus dem Laich entwickeln sich bei allen Arten Kaulquappen. Wenn sich die Beine entwickelt haben, verlassen viele Tiere das Gewässer wieder. Zur Entwicklung der Kaulquappen seht euch gerne diesen Film an: Sendung: ÜberLeben in zwei Welten – Froschlurche – Planet Schule – Schulfernsehen multimedial des SWR und des WDR (planet-schule.de)

Warum brauchen wir Zäune für Kröten, Frösche und Molche?

Den Winter verbringen die Tiere geschützt, meist im Boden vergraben. Nur wenige Arten können am Boden der Gewässer überwintern.
Dazu zählen Teichfrösche, sie bleiben immer in unmittelbarer Nähe ihres Gewässers. Grasfrösche kennen viele aus der Kindheit auf Wiesen oder in Wäldern, Moorfrösche machen ihrem Namen Ehre und sind in der Nähe von Mooren anzutreffen. Erdkröten sind so manchem Gärtner in der Erde begegnet. Teichmolche werden schon mal mit Eidechsen verwechselt, wenn sie das Wasser verlassen.
Die einzelnen Arten haben ganz verschiedene Lebensräume, die sich oft für Sommer und Winter unterschieden.
Am Amphibienschutzzaun an der Havelchaussee gibt es viele Erdkröten und Teichmolche. Hier ein Steckbrief für diese Arten.
Steckbriefe zu allen in Berlin vorkommenden Arten gibt es bei der Stiftung Naturschutz.
Die amphibische Lebensweise bewirkt, dass die Tiere zur Paarungszeit ihr Winterquartier verlassen und den Paarungsort aufsuchen müssen.
Mit den steigenden Temperaturen kommen sie im Frühjahr aus der Kältestarre heraus und haben alle ein Ziel: sie wandern zu den Laichgewässen, in denen sie sich entwickelt haben.
Dort findet die Paarung statt, begleitet von einem wahren „Froschkonzert“. Jede Art hat nicht nur ihre eigene Stimme, sondern auch eigene Ansprüche an den Lebensraum sowie Zeit- und Temperaturfenster für die Wanderung.
Viele stoßen bei der Wanderung auf ein von uns Menschen errichtetes Hindernis: Auch wir mögen den Aufenthalt an Gewässern und haben Straßen gebaut, die nun zum Problem für die Amphibien werden: wenn die Straßen die Lebensräume der Tiere voneinander trennen, müssen sie auf dem Weg zum Laichgewässer überquert werden. Das ist für die Tiere oft ein unüberwindbares Hindernis. Die Gefahr, dabei überfahren zu werden ist groß, weil die Tiere den Asphalt nur langsam überqueren. Schon ein Verkehr von wenigen Autos in der Stunde endet für viele Tiere tödlich.

Wie hilft der Zaun?
Die Tiere überqueren die Straße in jedem Jahr an den gleichen Stellen. Dort stellen wir einen Zaun aus einer Plastikplane auf, um das zu verhindern. Der Zaun wird immer im Frühjahr nach dem Frost aufgestellt und wieder abgebaut, wenn die Laichsaison beendet ist.
Am Zaun gibt es Fallen, darin bieten wir den Tieren mit Moos und Blättern ein wohnliches Umfeld. An jedem Morgen tragen helfende Hände die gefangenen Tiere sicher über die Straße, damit sie ihren Weg zum Wasser fortsetzen können. Wenn der Zaun aufgebaut ist, müssen alle Fallen täglich morgens früh kontrolliert werden, egal bei welchem Wetter.
Das Schauspiel dauert in diesem Jahr sicher bis nach Ostern, denn noch sind die Nächte kalt. Amphibien können aber nicht wie wir ihr Blut aufwärmen. Sie brauchen etwas wärmere Temperaturen.
Bei Kröten sind das nachts etwa 5 Grad, die Teichmolche vertragen etwas niedrigere Temperaturen, aber keinen Bodenfrost. Dann warten sie noch mit dem Wandern und es kann sein, dass sehr viele Tier gleichzeitig loslaufen, wenn es warm wird. Das Phänomen ist bekannt als „Krötenwanderung“.


Das letzte Stück Weg zum Wasser müssen alle Tiere alleine gehen. Für die Teichmolche ist das besonders wichtig: Sie verwandeln ihr Aussehen: Am Rücken wächst ein Zackensaum, wenn sie ins Wasser gehen. In dieser Wassertracht sehen sie aus wie kleine Drachen und können gut schwimmen.
Haben die Tiere noch andere Probleme?

Mit der zunehmenden Trockenheit in unseren Wäldern trocknen kleinere Laichgewässer aus. Bei den vorhandenen Wasserflächen sind die Uferbereiche nicht immer so gestaltet, dass sie von den Amphibien genutzt werden können.
Darüber hinaus gibt es Fraßfeinde, die den Amphibien zusetzen. So ist unter Krötenfreunden z.B. der Waschbär nicht gerne gesehen, denn er lauert seinem Futter am Wasser, im Wald und eben auch an den Fallen auf.
Auch Lebensräume für den Sommer und den Winter werden immer knapper, so dass es immer weniger Amphibien gibt. Einen Überblick darüber gibt es bei der Koordinierungsstelle Fauna der Naturschutzstiftung Berlin.
Kann man sich das mal angucken?
Seit 2001 werden an der Berliner Havelchaussee im Grunewald in jedem Frühjahr Plastikplanen und Fallen aufgestellt. Bei einem Spaziergang sind sie nicht zu übersehen. In Jahren ohne Kontaktbeschränkungen können dort Führungen zur Zaunkontrolle organisiert werden, das ist in diesem Jahr leider nicht möglich.
Es ist sehr wichtig, dass niemand Tiere ohne Absprache mit dem Ökowerk entnimmt. Vor dem Freilassen auf der anderen Straßenseite werden Art und Alter der Tiere bestimmt und die Anzahl gezählt. Die Daten werden in jedem Jahr für das Bezirksamt erfasst und in eine Schutzzaundatenbank eingetragen. Wer sich für die Ergebnisse interessiert, kann hier den Bericht des letzten Jahres aus dem Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin e.V. lesen.

Danksagung
Möglich sind der Aufbau und die Betreuung des Zaunes nur, weil es viele helfende Hände gibt. Vielen Dank an dieser Stelle für alle, die auch in diesem Jahr wieder dabei sind! Weitere helfende Hände sind immer willkommen, Infos gibt es unter info@oekowerk.de.
Dieser Artikel wurde von Dr. Karin Drong, welche im Ökowerk e.V. arbeitet, geschrieben.
Dort ist sie für die Organisation und inhaltliche Gestaltung der Umweltbildung zuständig. Karin Drong und Antonius Gockel-Böhner koordinieren den Aufbau und die Kontrolle des Amphibienschutzzaunes entlang der Havelchaussee.